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Ist Lean Management im Lockdown möglich?


Ist Lean Management im Lockdown möglich?

Die Corona-Pandemie hat Deutschland kalt erwischt. Alle sind davon betroffen – Privatpersonen ebenso wie Unternehmen aller Branchen und Betriebe jeder Größenordnung, Kunst und Kultur bleiben auf der Strecke. Der Lockdown führt nicht nur in der Industrie zu Kurzarbeit und Homeoffice und ist Wegbereiter für die Digitalisierung. Greift unter diesen Umständen das Konzept „Lean Management“ noch?

Unternehmen müssen, um im immer globaler und schneller werdenden Wettbewerb bestehen zu können und zukunftsfähig zu werden, innovativ bleiben und die Qualifikation der Mitarbeitenden vorantreiben. Das lebenslange Lernen der Beschäftigten sollte auf allen Ebenen zur Normalität werden, um das Prinzip der lernenden Organisation umsetzen zu können. Nur so ist die Ausrichtung der Unternehmensziele an den Wünschen und Anforderungen der Kundschaft und damit das Erreichen der langfristigen Unternehmensziele möglich.

Dieser Ansatz ist Teil des Lean-Management-Gedankens und Wegbereiter für die häufig geforderte agile Unternehmenskultur. Aber ist Lean Management – von der Entwicklung der Mitarbeitenden bis hin zu einer neuen Führungskultur – unter Corona-Bedingungen überhaupt noch durchsetzbar?

Kundenorientierung ist immer ein Vorteil

Krisen führen zu Verunsicherung, Verunsicherung zu Sicherheitsverhalten. Zu diesem Verhalten gehört die Beschränkung auf das Wesentliche, um Ressourcen einzusparen und für Notfälle vorzusorgen. Die Konsumlaune – sprich: die Kauflust – sinkt, sowohl im B2C- als auch im B2B-Bereich.

Hier ist es noch wichtiger als sonst, das Ohr am Puls der Zeit zu haben und auf Kundenwünsche und starke Marktschwankungen reagieren zu können: Weniger, aber differenziertere Produkte, kleinere Packungs- und Losgrößen, auf die Kundschaft zugeschnitten; hier greift auch die Digitalisierung der Prozesse. Die Umsetzung dieses Pull-Prinzips wird möglich durch Transparenz über die gesamte Wertschöpfungskette, über alle Schnittstellen hinweg. Damit werden Strukturen und Prozesse für alle sichtbar, Zusammenhänge werden deutlich. So wird es auf allen Ebenen möglich, Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Qualifizierte Mitarbeitende mit einem hohen Grad an Eigenverantwortung sind dann an der Ideenfindung und Umsetzung beteiligt. Klassische Lean-Methoden wie SMED, OEE, Wertstrommanagement oder ein digitales Shopfloor-Management sind Vorgehensweisen, um Ausfälle zumindest kurzfristig und teilweise zu kompensieren: Effizienzsteigerung ist eine der Möglichkeiten, um Verluste aufzufangen. Lean Management ist damit in Krisen aktueller denn je, denn das Thema Agilität gewinnt immer mehr an Bedeutung.

Die Chance in Krisen: Qualifizierung

Die Qualifizierung der Mitarbeitenden ist und bleibt wichtig. Homeoffice und Kurzarbeit bieten dafür gute Voraussetzungen, denn bei ihnen ist im gewissen Rahmen eine freie Zeiteinteilung möglich und digitale oder hybride Konzepte von Aus- und Weiterbildungen ermöglichen das orts- und zeitunabhängige Lernen und machen Reisen zum Veranstaltungsort überflüssig.

Viele Unternehmen setzen aber auch auf interne Qualifizierungsprogramme, da es einfacher ist, Menschen zu entwickeln und zu führen, wenn diese vor Ort sind.

Digitalisierung als Folge, nicht Basis des Lean Managements

Daten alleine sind nutzlos, wenn sie nicht qualifiziert erhoben und ausgewertet werden können. Eine verstärkte Digitalisierung kann nur sinnvoll umgesetzt werden, wenn die Mitarbeitenden als Teams in der Lage sind, selbst Schwachstellen zu erkennen und einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu betreiben. Lean Management ist damit Voraussetzung für die digitale Transformation in Richtung Industrie 4.0, nicht deren Folge: Die Digitalisierung muss auf den jeweils vorhandenen Reifegrad der Beschäftigten abgestimmt werden. Auch hier ist wieder die Qualifikation wichtig.

Lean-Prinzipien überall

Corona macht es möglich: Die Lean-Prinzipien haben die Fabriken verlassen. Visuelles Management anhand von Piktogrammen mit Verhaltensregeln oder aufgezeichnete Abstandslinien sind zum Beispiel fast alltäglich und nahezu überall zu finden – von der Eingangstür im Amt bis hin zum Kassenbereich im Supermarkt.

Spannend bleibt, inwiefern sich die Menschen mit dem Lean-Ansatz weiter zu „Problemlösern“ entwickeln. Unternehmen und Organisationen können sich jedenfalls mit Lean-Prinzipien an eine sich ständig wandelnde „neue Normalität“ anpassen und damit am Markt überleben. Lean Management in Zeiten des Lockdowns als überholt anzusehen, ist damit sicher grundfalsch.